Vorbereitung eines Moscheebesuches

von Christiane-B. Julius

Überlegungen im Vorfeld
Insofern das Themenfeld Islam in den Kerncurricula verschiedener Schulformen enthalten ist, bietet sich im Rahmen des Religionsunterrichts auch eine Erkundung einer Moschee als außerschulischer Lernort an. Dieser Besuch kann besonders bereichernd sein, wenn die Schülerinnen und Schüler hier einerseits das Gebäude und seine Einrichtung "an sich" erschließen als auch andererseits die Lebenswirklichkeit muslimischer Menschen kennen lernen in der Begegnung mit kompetenten und auskunftsbereiten Verantwortlichen oder den Menschen, die die Moschee zu dieser Zeit gerade in Gebrauch nehmen.

Info-Teil: Moschee
Die Moschee ist der Ort des Gebets: der Name "Moschee" leitet sich ab vom arabischen Wort "Masdschid", was so viel heißt wie: "Ort, an dem man sich (zum Gebet) niederwirft". Auch wenn prinzipiell jeder Ort ein solcher Ort des individuellen Gebets sein kann - der Raum unterstützt die Konzentration und gewährt Gemeinschaft. Dieser gemeinschaftliche Aspekt der Moschee kommt auch darin zum Ausdruck, dass sie früher oftmals Zentrum der muslimischen Gemeinschaft war mit Schule, Hochschule, Krankenhaus, Apotheke, Herberge, Armenküche und Gerichtsstätte.

Charakteristisch für eine Moschee ist im Inneren der große Gebetsraum für Männer mit der nach Mekka ausgerichtete Gebetsnische (Mihrab). Sie zeigt den Betenden die Richtung ihres Gebets. Ansonsten ist der Raum weitgehend leer: häufig ist der Fußboden mit Teppichen ausgelegt, die ebenfalls die Gebetsrichtung anzeigen. Rechts der Gebetsnische findet sich meist eine Kanzel (Minbar), von der aus der Imam die Freitags- und Feiertagspredigt hält. Neben diesen architektonischen Gliederungselementen finden sich religiös-ästhetische: Koranverse und (florale) Ornamente, dazu der Hedschra- (= islamischer) Kalender und Uhren für die Gebetszeiten. Vereinzelt liegen Koranexemplare und Lesepulte für die eigene Lektüre bzw. Rezitation in kleinen Regalen. Da in Moscheen Geschlechtertrennung üblich ist, gibt es auch einen (kleineren) ähnlich ausgestatteten Gebetsraum für die Frauen - häufig akustisch mit dem der Männer verbunden. Für das Gebet ist eine rituelle Reinigung vorgeschrieben, daher gibt es in jeder Moschee zwei nach Geschlechtern getrennte Waschräume bzw. Waschbrunnen. Und am Eingang große Schuhregale für die Straßenschuhe (und vereinzelt auch Hausschuhe), da keine Moschee mit Schuhen betreten werden darf.

Der Imam einer Moschee hat zwei Aufgaben: als Vorbeter leitet er die Gemeinschaftsgebete, und je nach Ausbildung berät er als Theologe und Rechtsgelehrter die Gläubigen in religiösen Fragen. Finanziert werden Moscheen über Moscheegemeinden als eingetragene Vereine. Imame werden zum Teil von einer ausländischen Religionsbehörde bezahlt (DITIB / Türkei).

Konkretion: Einen Besuch der Moschee vorbereiten
Ist ein Moschee-Besuch für die Lehrkraft Neuland, beginnt der geplante Unterrichtsbesuch auch für sie mit einer Erkundungsphase: Recherche im Internet, Befragen von Menschen im eigenen Umkreis, die vielleicht Kontakt zu der Moschee verbundenen Menschen haben, vielleicht auch über Schülerinnen und Schüler. Vielleicht muss man sich selbst auch zu einer Gebetszeit (am besten mittags, nachmittags, abends), am "Tag der offenen Moschee" (3. Oktober) oder anlässlich eines Feiertags aufmachen. Moscheen sind offen - oft ist der Imam oder der Vorsitzende des Vereins anwesend oder zumindest jemand, der einen weiter verweisen kann. Ist der Kontakt hergestellt, sollte sich die Lehrkraft im Vorfeld des geplanten Besuchs die nationale, kulturelle und religiöse Prägung der anvisierten Moschee und ihre Zugehörigkeit zu einem der Verbände klar machen.
Kommt man hinsichtlich eines Unterrichtsbesuchs überein, sollte sich die Lehrkraft vorher mit dem Ansprechpartner bzw. der Ansprechpartnerin des Besuchs treffen, um Fragen zu besprechen und Bedingungen des Besuchs abzuklären (z.B. im Blick auf Kleidung, Zeiten, Kosten), Inhalte und Ziele des Besuchs zu vereinbaren (als Besichtigung, Teilnahme am Gebet, gemeinsames Gespräch...).
Unabdingbar ist es dann, mit der Klasse und den Eltern den Besuch vorzubereiten: hinsichtlich der Eltern formal (Einverständnis, Dauer, Kosten...), hinsichtlich der Schülerinnen und Schüler inhaltlich (z.B. Architektur, Nutzung, Gebet, Islam allgemein...) und motivational (Zustimmung, Fragen vorbereiten, Einstimmung auf Regeln der Moschee: Schuhe ausziehen, angemessene Kleidung, respektvolles Verhalten im Gebetsraum, Begrüßung...). Unmittelbar vorher sollte der Termin noch einmal telefonisch bestätigt werden; die Vorsitzenden der Moscheegemeinden oder die Dolmetscher arbeiten meist ehrenamtlich. Daher sollte nicht zuletzt auch an einen kleinen Dank gedacht werden: Schokolade, Blumen...

Überlegungen zur Konzeption der Stunde
Mit dem Aufsuchen einer Moschee lernen die Schülerinnen und Schüler muslimische Religion an einem Ort kennen, an dem sie gelebt wird: im Gebet, in der Rezitation, in Kunst und Architektur, im Verlauf der Zeit, im sozialen Miteinander. Da sich sicherlich nicht alle Aspekte in einem Besuch erarbeiten lassen, sollte für den Besuch mit dem Gastgeber gemeinsam vorab ein Schwerpunkt verabredet werden. Dabei sind die Art des Besuchs in Korrelation zu den zu wählenden Inhalten und der Stellung innerhalb der Unterrichtssequenz zu besprechen: findet er als Führung statt (dann ist zu klären, wie mit Fragen umgegangen wird, wie bzw. ob auch ein gemeinsames Gespräch möglich ist) - oder findet er als Erkundung statt (dann ist z.B. zu klären, wie die Schülerinnen und Schüler selbständig die Moschee erkunden können, ob es bereits einen Erkundungsbogen gibt oder wie sie einen solchen eigens erstellen können). Immer ist auch zu besprechen, wie der Umgang mit Fotos (z.B. für eine Dokumentation) ist, mit der Architektur, mit der Kunst (z.B. Kalligraphie nachzeichnen)? Und nicht zuletzt: wie gelebter Glaube wahrgenommen werden kann, z.B. im Hören von Koran-Rezitation, eines Gebetsrufes oder religiöser Musik. Und auch das ist zu klären: gibt es Raum für eigene religiöse Erfahrungen, performativer Art?

Insgesamt gilt, dass der Besuch einer Moschee zu Beginn einer Unterrichtseinheit als Einführung, im Verlauf als Vertiefung sowie am Ende als Ergebnissicherung zu stehen kommen kann. Methodisch sinnvoll für den Besuch ist - vergleichbar der Kirchenpädagogik - ein Dreischritt von Wahrnehmen, Deuten und Gestalten (von Architektur, Raum, Ästhetik, gelebtem Glauben - auch hier: von Außen nach Innen, vom Technischen zum Persön-licheren), ergänzt um eine Reflexion im Nachgang zum Moscheebesuch.


Weiterführende Literatur:
Siedler, D. Chr.: Religiöse Räume erschließen. in: Schreiner, P., Sieg, U., Elsenbast, V. (Hg.):     Handbuch interreligiöses Lernen. Gütersloh 2005, S. 612-620.
Sajak, C. (Hrsg.): Gotteshäuser. Entdecken - Deuten - Gestalten. Sekundarstufe I und II.     Lernen im Trialog Heft 1. Braunschweig, Paderborn, Darmstadt 2012.