Bild: Wibke Gatsios

Wie sieht Wut aus?

27. Mai 2020

Achtsamkeitstraining in der Paul-Gerhardt-Schule

Welches Limba-Kind ist heute am stärksten? Was erzählen Rüdiger und Rita Brainie über mein Gehirn?

Das sind Fragen, mit denen sich die Klasse 5D seit dem Schulbeginn an der PGS bis zur Schulschließung beschäftigt hat.

Das Konzept der beiden durchführenden Lehrerinnen Andrea Maiwald und Wibke Gatsios beruht auf dem Programm AISCHU (Achtsamkeit in der Schule) von Vera Kaltwasser. Dieses Konzept sieht konkrete Umsetzungswege für den schulischen Unterricht vor. Es wurde mit zwei Studien - geleitet von Prof. Dr. Kohls – beforscht, ist praxiserprobt und wurde durch Lehrerfortbildungen vermittelt. Es befähigt die Schüler*innen in altersgerechter Weise, sich selbst anzunehmen und zu bestimmen: kontinuierliche Selbstwahrnehmungsübungen, Psychoedukation, Erfahrungsaustausch und interaktive Dialogübungen befähigen die Schüler*innen, ihre Emotionen zu regulieren, ihre Aufmerksamkeit zu steuern und sich im sozialen Miteinander bewusst zu verhalten. Teil des Curriculums AISCHU ist auch die Befähigung zur bewussten Nutzung der elektronischen Medien.

Einmal in der Woche traf sich die Klasse im Raum der Stille für Achtsamkeitstraining. Schon das Ankommen in diesem Raum war etwas Besonderes.

Der Flur ist eine Stille-Schleuse. Dort werden Schuhe ausgezogen und erst dann darf man leise in den Raum schleichen, oft sich erstmal hinlegen, oft still im Kreis zusammenkommen. Ein Warm-Up stimmt auf das Thema der Woche ein. Es ist erstaunlich zu sehen, wie aufgedrehte zappelige Kinder nach und nach zur Ruhe kommen, den Blick nach innen richten und ganz loslassen können. Natürlich funktioniert das nicht immer und nicht bei jedem. Kichern oder am Boden zappeln, die richtige Liegeposition suchen, gehören eben auch dazu. Wer kann schon auf Knopfdruck entspannen? Gezielt Körperübungen schaffen da Abhilfe. Beim Achtsamkeitstraining geht es aber nicht nur um die Entspannung, sondern auch um die Selbstwahrnehmung. Forscher-Aufgaben helfen, den eigenen Geist zu entdecken, wahrzunehmen und verstehen zu lernen. Die Geschichten von Rita und Rüdiger Brainie erklären unterhaltsam komplexe Vorgänge in Gehirn und Psyche. Selbstgestaltete Bilder der Kinder von den sogenannten Limba-Kinder Angsti, Haui, Lusti, Miesi und Freudi machen die Gefühle und ihre Stärke sichtbar. So wird nicht nur die Selbstwahrnehmung geschärft, sondern auch die Sicht auf die Mitschüler*innen. Übungen zur Gestik, Mimik und Körperhaltungen machen sensibel für die Gefühle anderer. Gespräche, Reflexionen und Reaktionen schaffen eine Beziehungsebene, die über das reine Lernen weit hinaus geht und unverzichtbar für eine vertrauensvolle Umgebung ist. Das Achtsamkeitstraining ist zu einem Fixpunkt in der Woche geworden, auf den keiner mehr verzichten möchte, sowohl Schüler*innen als auch Lehrer*innen.

Auch darauf freuen sich alle, wenn die Schule auch für die 5.Klässler wieder geöffnet wird.

Wibke Gatsios